William Turner

Joseph Mallord William Turner, so der vollständige Name, ist eine Künstlerfigur, die den Übergang in die Moderne indiziert. Ein Seismograf seiner Zeit, in der er die feinen Veränderungen aufspürte, den gesellschaftlichen wie industriellen sich anbahnenden Wandel wahrnahm und ihn in seiner Malerei verhandelte, ohne sich dabei von der traditionellen antiken wie zeitgenössisch nationalen Thematik abzuwenden. Landschaften und Seestücke, Öl und Aquarell – darin perfektionierte er seine eigene Handschrift. Zur romantischen Strömung meist hinzugerechnet, sprengt das Werk William Turners diese Benennung und Kategorisierung. In Kunstkreisen polarisierte er: Bei den einen galt er als Enfant terrible und wurde von anderen verehrt, umjubelt und gefeiert. Mit seinem Spätwerk erregte er die Gemüter noch mehr. Zunehmend mit Unverständnis wurde seine immer gegenstandlosere Malerei betrachtet und verspottet – oder mit großer Leidenschaft verteidigt.


Turner ist eine Figur der Gegensätze: ein Maler romantischer Landschaften und später eine Pionierfigur für eine Malerei, die die Epoche der Moderne einleiten wird. Turners Malerei ist ein Vorbild für einen Stil, der sich vom Gegenständlichen löst. Sein Spätwerk geht diesen Schritt konsequent weiter. In seiner Malerei wird die Farbe eigenständiger, der Auftrag pastos. Es interessiert ihn nicht nur die Komposition, sondern mehr noch die Wahrnehmung und die Materialität von Licht. Damit greift er vorweg, was Künstlergenerationen nach ihm bewegen wird: Welche Möglichkeiten hat die Malerei, die die Fotografie nicht auch hat?